In unserer neuesten eingehenden Analyse zu Real Assets erläutert das Researchteam, wie unsere Daten zu Illiquiditätsprämien für einen Multi-Asset-Ansatz bei Private-Debt-Anlagen sprechen. 

Dieser Artikel beschäftigt sich mit folgenden Themen:

  • Unterschiedliches Tempo bei der Spreadanpassung in verschiedenen Private-Debt-Segmenten
  • Anstieg der Illiquiditätsprämien über alle Private-Debt-Segmente im ersten Halbjahr 2024
  • Aktivitäts- und nachfragebestimmende Faktoren im zweiten Quartal 2024 

Erfolg hängt oft von Kleinigkeiten ab. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die weniger beachteten Ecken und Winkel des Private-Debt-Marktes.

Die jüngsten Veränderungen bei den risikolosen Zinsen haben einen Anpassungsprozess ausgelöst, der jedoch nicht alle Private-Debt-Segmente gleichermaßen erfasst hat.

Anleger, die ein klares Bild davon haben, wie schnell sich dieser Anpassungsprozess in den verschiedenen Marktsegmente vollzieht, und ihre Relative-Value-Analyse darauf aufbauen können, verfügen über einen analytischen Wettbewerbsvorteil, wie unsere neueste eingehende Analyse zeigt.      

Illiquiditätsprämien als Grundlage für die Relative-Value-Analyse

An den Private-Debt-Märkten sind Illiquiditätsprämien (ILP) ein zentraler Faktor in der Relative-Value-Analyse zwischen verschiedenen Segmenten dieses Marktes sowie im Vergleich zu den Public-Debt-Märkten, also den Anleihemärkten. Für Anleger, die einen langen Atem haben und langfristig Kapital bereitstellen können, stellen diese Prämien das Potenzial an zusätzlicher Rendite dar, die sie mit Private-Debt-Investments erwirtschaften können. Multi-Asset- oder opportunistischen Anlegern bietet sich damit die Möglichkeit, von Relative-Value-Chancen zwischen Private-Debt-Segmenten sowie von Preisverzerrungen gegenüber den Public-Debt-Märkten zu profitieren.

Unser Datenpool und unsere Methode zur Berechnung von Illiquiditätsprämien

Unser Datenpool umfasst mehr als 2.000 Private-Debt-Transaktionen über einen Zeitraum von 25 Jahren. Darin sind ausschließlich Investment-Grade-Deals in Pfund Sterling und Euro enthalten. Der Großteil des Datenpools entfällt auf interne Transaktionen, aber auch externe Transaktionen, für die uns Preisdaten vorliegen, sind darin enthalten.

Die damit berechneten Illiquiditätsprämien bilden den Spread zum relevantesten Public-Debt-Referenzindex (ICE BofAML Index-Daten) zum Zeitpunkt der Transaktion ab und sind in Abbildung 1 als Punkte dargestellt. Die Illiquiditätsprämie entspricht einem zusätzlichen (nicht immer positiven) Renditeabstand im Vergleich zu Public-Debt-Märkten als Ausgleich für höhere Illiquidität und/oder eine komplexere Risikosituation. In Abbildung 1 ist auch die durchschnittliche Illiquiditätsprämie für das konkrete Kalenderjahr bei Gleichgewichtung der zugrunde liegenden Transaktionsdaten dargestellt.

Dazu vor allem der Risikohinweis, dass die berechneten Illiquiditätsprämien für Ratingbänder (und nicht einzelne Ratingstufen) bestimmt werden und Diskrepanzen bei Duration/Laufzeit zu den relevanten Public-Debt-Referenzindizes unberücksichtigt bleiben. Die gezeigten Illiquiditätsprämien sind daher rein indikativ.

Abbildung 1 zeigt den Anstieg der Illiquiditätsprämien über alle Private-Debt-Segmente im ersten Halbjahr 2024. Ausschlaggebender Faktor für diese Entwicklung ist ein Spreadrückgang an den Anleihemärkten (von ca. 50 Basispunkten im Laufe des vergangenen Jahres), während die Spreads an den Private-Debt-Märkten im Vergleich stabiler geblieben sind.1

Der Spreadrückgang an den Anleihemärkten ist Ausdruck der Erwartungen, dass die US-Notenbank im zweiten Halbjahr 2024 auf einen Zinssenkungskurs einschwenken wird. Die Europäische Zentralbank hat im Juni die Zinsen erstmals wieder gesenkt, im August dann auch die Bank of England.

Abbildung 1: Illiquidity premia in private debt to Q2 2024

Past performance is not a reliable indicator of future returns.

For illustrative purposes only. The value of an investment can go down as well as up and there is no guarantee that the forecasted return will be achieved.

Note: The illiquidity premia are calculated based on Aviva Investors proprietary deal information. There are various methodologies that can be employed to calculate the illiquidity premium. Please note that the illiquidity premia shown are measured against broad relevant public debt reference index data, are rating band (not notch) matched and are not duration/maturity matched.

Source: Aviva Investors and ICE BofAML index data as at 30 June 2024. 

An den Daten wird vor allem eines deutlich: Illiquiditätsprämien sind nicht statisch, sondern verändern sich über den Marktzyklus. Außerdem entwickeln sich die Illiquiditätsprämien in den verschiedenen Private-Debt-Segmenten nicht im Gleichlauf, was auf eine jeweils unterschiedliche Marktdynamik schließen lässt. (Nähere Einzelheiten zur relativen „Trägheit“ der Private-Debt-Spreads im Vergleich zum Anleihemarkt sind dem Kasten unten zu entnehmen.)

Für Anleger heißt dies in erster Linie, dass bei Private Debt ein Multi-Asset-Ansatz sinnvoll sein kann, können sie damit doch die aus den Bewertungsunterschieden zwischen den verschiedenen Segmenten resultierenden Anlagechancen nutzen.

Infrastructure Debt

Energie und digitale Infrastruktur weiterhin marktbestimmend

Mit einem Transaktionsvolumen von ca. 27 Mrd. GBP im zweiten Quartal ist die Aktivität am europäischen Infrastructure-Debt-Markt konstant geblieben. Davon entfielen rund 6 Mrd. GBP auf das Vereinigte Königreich.2 Damit lieferte der britische Markt weiterhin den größten Beitrag zum europäischen Gesamtwert.

Die Volumina waren gegenüber dem ersten Quartal rückläufig. Dies ist größtenteils darauf zurückzuführen, dass einige Transaktionen nicht mehr zum Jahresende 2023 über die Bühne gebracht, sondern ins erste Quartal 2024 verschoben wurden, was die Zahlen für die ersten drei Monate dieses Jahres künstlich aufgebläht hat. Die Volumina für das zweite Quartal liegen nur geringfügig unter den Vorjahresvergleichszahlen aus dem zweiten Quartal 2023.

Intensive Refinanzierungs- und allgemeine Emissionstätigkeit am Infrastructure-Debt-Markt

Die Transaktionen konzentrierten sich weiterhin auf die Bereiche Energie, erneuerbare Energien und digitale Infrastruktur. Das Marktgeschehen war geprägt von intensiver Refinanzierungs- und allgemeiner Emissionstätigkeit seitens regelmäßiger Emittenten. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang europäische Schienenverkehrsunternehmen, die sich am US-Markt für Privatplatzierungen finanzieren, wie VTG und Alpha Trains. Hervorzuheben ist auch das Closing des belgischen Straßenbauprojektes R4 mit einem Volumen von 1 Mrd. EUR im Rahmen einer Public Private Partnership (PPP). Dabei handelt es sich um einen der seltenen Fälle, in denen eine PPP-Transaktion am Markt zustande gekommen ist.

Real Estate Debt

Zweigeteilter Markt: Premiumsegment weiterhin eine Klasse für sich

Im ersten Halbjahr 2024 dominierten weiterhin drei große Themen die Aktivität am Real-Estate-Debt-Markt: Refinanzierung, Zweiteilung des Marktes bei der Wertentwicklung und anhaltende Preisanpassung.

Die Transaktionsvolumina steigen wieder, wenn auch von einem niedrigen Niveau aus

Die Transaktionsvolumina steigen wieder, wenn auch von einem niedrigen Niveau aus. Insgesamt hat sich der Real-Estate-Debt-Markt stabilisiert. Kreditgeber interessieren sich jedoch vor allem für den oberen Arm der „K-förmigen“ Erholung, also die resilienteren Marktakteure, mit Schwerpunkt auf den Sektoren Logistik und Wohnimmobilien. In Bezug auf den unteren Arm des „K“ besteht indes weiterhin Zurückhaltung mit entsprechend gedämpfter Aktivität. Kreditgeber, insbesondere Clearingbanken, sind bereit, zu attraktiven Loan-to-Value (LTV)-Konditionen auf Vor-Corona-Niveau Transaktionen einzugehen.

Private Corporate Debt

Spreads bei Unternehmensanleihen unter Druck, Schwerpunkt bei Neuemissionen auf Refinanzierung

Sowohl die Spreads als auch die Emissionsvolumina sind am Markt für Unternehmensanleihen weiterhin rückläufig. Emittenten zögern, sich mit langfristigen All-in-Renditen auf erhöhtem Niveau zu belasten, und tendieren statt dessen zu bankmäßigen kurzfristigen Finanzierungsstrukturen mit variabler Verzinsung. Der Großteil der Neuemissionen erfolgt zu Refinanzierungszwecken.

Die Spreads unterhalb des Investment-Grade-Bereichs bewegen sich weiterhin auf hohem Niveau und sind damit Spiegelbild des erhöhten Ausfallrisikos.

Strukturierte Finanzierungen

Potenzial in Schwellenländern

Der Abbau von Pensionsverbindlichkeiten an den Private-Equity- und Private-Credit-Märkten sorgt für steigende Spreads

Chancen bietet der Markt für strukturierte Finanzierungen angesichts weltweit steigender Verteidigungsausgaben bei Finanzierungen von Rüstungsexporten durch Exportkreditagenturen (ECAs). Zudem hat der Abbau von Pensionsverbindlichkeiten an den Private-Equity- und Private-Credit-Märkten für steigende Spreads und wachsendes Interesse an Finanzierungslösungen gesorgt, welche die Kriterien für eine Erhöhung des Zinssatzes zur Diskontierung von Verbindlichkeiten bei illiquiden Anlagen im Portfolio (Matching Adjustment) erfüllen. Fondsfinanzierung als Anlageklasse erfreut sich wachsender Beliebtheit bei General Partnern (GPs), um den dringenden Liquiditätsbedarf ihrer Limited Partner (LPs) in verschiedenen Anlageklassen zu decken.

Spreadentwicklung am Private-Debt-Markt

  • Im Bereich Real Estate Debt bewegen sich die Spreads in der Regel am langsamsten. Erfahrungsgemäß korrelieren die Illiquiditätsprämien in diesem Bereich daher mit dem Immobilienzyklus. Wenn die Immobilienbewertungen sinken, fallen auch die Illiquiditätsprämien, und bei wieder steigenden Bewertungen erholen sich die Prämien ebenso.
  • Im Bereich Private Corporate Debt ist die Trägheit der Spreads am geringsten. In diesem Segment vollzieht sich die Anpassung an das Spreadniveau bei Anleihen am schnellsten. Langfristig dürften sich die Illiquiditätsprämien also tendenziell in einer engeren Spanne bewegen. So sind auch die höchsten Illiquiditätsprämien in Phasen höherer Marktvolatilität, insbesondere bei geringer Verfügbarkeit von Kapital aus traditionellen Finanzierungsquellen, zu beobachten.
  • Im Bereich Infrastructure Debt sind die Spreads leicht träge und folgen den Public-Debt-Märkten nur allmählich. 

Abbildung 2: Preisentwicklung in den Private-Debt-Segmenten

Preisentwicklung in den Private-Debt-Segmenten

NB: ILP: Illiquiditätsprämie. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit und Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Renditen. Quelle: Aviva Investors, 2024.

Wesentliche Risiken

Anlagerisiko

Der Wert des im Rahmen der Strategie verwalteten Vermögens und die daraus erzielten Erträge können sowohl sinken als auch steigen. Dadurch kann der Wert Ihrer Kapitalanlage sowohl sinken als auch steigen. Es kann nicht garantiert werden, dass das Ziel der Strategie erreicht wird, und Sie erhalten möglicherweise weniger als den ursprünglich investierten Betrag zurück.

Risiko von Immobilien-/Infrastrukturanlagen.

Es können Anlagen in Immobilien, Infrastruktur und illiquide Vermögenswerte erfolgen. Der Umtausch oder Verkauf einer Anlage ist unter Umständen nicht zum gewünschten Zeitpunkt möglich, weil Immobilien nicht immer schnell und leicht verkäuflich sind. In diesem Fall können wir einen Antrag auf Umtausch oder Verkauf von Anteilen aufschieben.

Schwellenmarktrisiko

Es können Anlagen in Schwellenländern getätigt werden. Diese Märkte können volatil sein und ein höheres Risiko als entwickelte Märkte aufweisen.

Quellen

  1. *Quelle: Durchschnitt der 1-Jahres-Spreadveränderungen bei ICE BofA Investment Grade Corporate-Indizes in Pfund Sterling und Euro, Stand 30. Juni 2024.
  2. Quelle: Infralogic, 2024. 

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