An den Rentenmärkten herrscht nach den jüngsten politischen Entwicklungen erneut Nervosität. Bedingt durch steigende Defizite und ein erneutes Inflationsrisiko bleibt der Rentenmarkt volatil, weshalb die Anleger nach anderen Möglichkeiten der Portfoliodiversifikation suchen.
Dieser Artikel beschäftigt sich mit folgenden Themen:
- Die Inflationsrisiken aufgrund der erneuten politischen Unsicherheit und einer lockeren Finanzpolitik
- Warum die Volatilität von Anleihen hoch bleiben dürfte
- Warum es sich lohnt, liquide Alternativen in die Portfolios aufzunehmen
Die Anleger traditioneller Multi-Asset-Fonds hatten sich lange Zeit auf die Eigenschaft von Anleihen verlassen, einen zuverlässigen Gegenpol in ihren Anlageportfolios zu bieten. Das änderte sich 2022, als sich die Zentralbanken wegen der steigenden Inflation zu einer drastischen Straffung der Geldpolitik gezwungen sahen, die sowohl Aktien als auch Anleihen gleichermaßen stark fallen ließ.
Während sich die Aktien schnell erholten, dauerte die Talfahrt bei den Anleihen deutlich länger, da die Zentralbanken Schwierigkeiten hatten, die Inflation in den Griff zu bekommen. Doch im Herbst 2023 schien sich die Lage bei den Anleihen endlich zu stabilisieren. Angesichts der zunehmenden Hoffnung, dass die Inflation besiegt sei, verleitete die Aussicht auf Zinssenkungen viele Anleger zu dem Schluss, dass die Renditen inzwischen attraktiv seien.
Aber plötzlich wirken die Märkte wieder unruhig. Die Nervosität ist teilweise auf die gestiegene politische Unsicherheit zurückzuführen, nachdem der jüngste Wahlsieg von Donald Trump in den USA die ungebremste Begeisterung für populistische Politiker deutlich gemacht hat.
Der Geldhahn wird aufgedreht
Diese Politiker umwerben unzufriedene Wähler mit der Aussicht auf umfangreiche Ausgabenzusagen oder Steuersenkungen, während die Finanzpolitik scheinbar weniger Priorität hat. Auch politische Akteure, die nicht an die Macht kommen, können die Agenda durch Einflussnahme mitbestimmen – was bedeutet, dass Regierungen aller politischen Richtungen die Geldhähne aufdrehen.
Viele Regierungen hatten gewisse Fortschritte beim Schuldenabbau gemacht, nachdem die Verschuldung während der Pandemie durch enorme Hilfsmaßnahmen nach oben geschnellt war. Die Anleger beginnen jedoch allmählich, an der Fähigkeit oder gar dem Willen der Regierungen zu zweifeln, die Kreditaufnahme in den Griff zu bekommen.
Wie schon vor acht Jahren verspricht Trump, die Steuern zu senken. Obwohl er gleichzeitig Ausgabenkürzungen zusagt, glauben nur wenige, dass diese Einsparungen die finanzpolitischen Auswirkungen der geplanten Steuersenkungen auch nur annähernd ausgleichen werden.
Laut einer unabhängigen Analyse der Penn Wharton Business School würden die Steuer- und Ausgabenpläne des gewählten Präsidenten das Haushaltsdefizit im nächsten Jahrzehnt um 4,1 Billionen US-Dollar aufblähen.1
Ein im Juni veröffentlichter Bericht des überparteilichen Congressional Budget Office (CBO) prognostizierte, dass die US-Staatsverschuldung im Jahr 2034 bereits auf einen Rekordwert von 116 % des BIP anschwellen würde.2
Penn Wharton geht davon aus, dass Trumps Versprechen diese Ziffer um zehn Prozentpunkte erhöhen werden, sollten sie umgesetzt werden.
Während die Regierungen früher eine antizyklische Geldpolitik verfolgten, um die Konjunkturzyklen zu stützen, schlägt Trump eine Lockerung der Geldpolitik zu einer Zeit vor, in der die US-Wirtschaft nahezu an der Kapazitätsgrenze arbeitet.
Lockerung der Geldpolitik birgt die Gefahr einer Rückkehr der Inflation
Das bedeutet, dass eine finanzpolitische Lockerung nicht nur die Besorgnis über das ständig wachsende US-Defizit verstärken, sondern wahrscheinlich auch die Inflation anheizen würde. Hinzu kommt, dass Trump angedroht hat, hohe Zölle auf Importe aus dem Rest der Welt zu erheben und eine beträchtliche Anzahl von Migranten auszuweisen, was die Inflationsgefahr zusätzlich erhöht.
Der Markt für US-Staatsanleihen sah sich bereits mit einer hohen Schuldenlast konfrontiert. Er mag zwar der größte risikofreie Anlagewert der Welt sein, aber er ist nicht immun gegen die Sorge um das Ausmaß des neuen Angebots, insbesondere in einem Umfeld einer potenziell steigenden Inflation.
Abbildung 1: A new era for bonds? (per cent)
Past performance is not a reliable indicator of future performance.
Note: Chart shows 10-year government bond yields.
Source: Aviva Investors, Bloomberg. Data as of November 18, 2024.
Abbildung 1 zeigt, dass die USA nicht das einzige Land sind, in dem eine Verschlechterung der Haushaltslage zu den belastenden Faktoren für Anleihekurse gehört. Die Renditen zehnjähriger britischer Staatsanleihen sind im vergangenen Jahr um einen Prozentpunkt gestiegen und befinden sich derzeit fast auf ihrem höchsten Stand im Vergleich zur Zeit vor der Finanzkrise von 2008.
Die britische Regierung hat in ihrem Haushaltsplan vom Oktober Pläne für zusätzliche Ausgaben in Höhe von 70 Milliarden Pfund pro Jahr und eine Lockerung der selbst auferlegten Haushaltsregeln angekündigt. Es wird mit einer jährlichen Kreditaufnahme von 32 Milliarden Pfund (ein Prozent des BIP) gerechnet.3 Der Haushaltsplan wird voraussichtlich auch die Inflation anheizen.
Etliche Regierungen haben angesichts des schleppenden Wirtschaftswachstums Mühe, die Kreditaufnahme in Schach zu halten
Finanzpolitische Vorgaben erschweren es den Ländern der Eurozone, ihre Haushaltsrestriktionen zu lockern. Angesichts des schwachen Wirtschaftswachstums und einer zunehmend ungünstigen demografischen Entwicklung haben jedoch auch hier mehrere Regierungen Schwierigkeiten, ihre Verschuldung im Zaum zu halten.
So zum Beispiel Frankreich. Die Renditeprämie, die Anleger für französische Staatsanleihen im Vergleich zu deutschen Anleihen einpreisen, erreichte diesen Sommer den höchsten Stand seit der Eurozonen-Schuldenkrise 2012, wie in Abbildung 2 dargestellt.
Der Abverkauf wurde durch eine unerwartete Verschlechterung der Finanzlage des Staates ausgelöst, die durch die Befürchtung, dass der europaskeptische Rassemblement National von Marine Le Pen an die Macht kommen könnte, noch verschärft wurde.
Ihre Partei hatte sich für eine Senkung des Renteneintrittsalters, eine Senkung der Energiepreise, eine Erhöhung der öffentlichen Ausgaben und eine protektionistische Wirtschaftspolitik nach dem Prinzip „Frankreich zuerst“ ausgesprochen.
Abbildung 2: French bonds under pressure (per cent)
Past performance is not a reliable indicator of future performance.
Note: Chart shows 10-year French government bond yields minus the yield of equivalent German debt.
Source: Aviva Investors, Bloomberg. Data as of November 18, 2024.
Sorgen um die Schuldentragfähigkeit
Die Europäische Zentralbank erklärte am 20. November, dass der Eurozone eine weitere Schuldenkrise droht, sollte es der Union nicht gelingen, das Wachstum anzukurbeln, die Staatsverschuldung zu senken und die „politische Unsicherheit“ zu beseitigen. In ihrem jährlichen Finanzstabilitätsbericht warnte die Zentralbank vor einem möglichen Wiederaufflammen der „Sorgen der Märkte in Bezug auf die Tragfähigkeit der Staatsschulden“.4
Weniger als einen Monat zuvor prognostizierte der Internationale Währungsfonds, dass die weltweite Staatsverschuldung bis zum Ende des Jahres 100 Billionen US-Dollar überschreiten und sich bis zum Ende des Jahrzehnts 100 % des BIP nähern würde.5
Der Fonds erklärte, dass die Pläne der großen Volkswirtschaften zur Stabilisierung der Kreditaufnahme „weit hinter den erforderlichen Maßnahmen zurückbleiben“. Es besteht jedoch die Gefahr, dass Politiker aller Richtungen unliebsame Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen vermeiden und stattdessen den Weg des geringsten Widerstands einschlagen und die Defizite weiter steigen lassen, wenn sich die politischen Turbulenzen verschärfen.
Das CBO prognostizierte, dass die Staatsverschuldung durch steigende Defizite bis 2054 auf 172 % des BIP ansteigen würde.6 Das Beispiel Japans, wo die Staatsverschuldung mehr als 250 % des BIP beträgt, lässt jedoch vermuten, dass das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit eines Landes wie den USA angesichts der anhaltend starken weltweiten Nachfrage nach auf US-Dollar lautenden Anlagen sehr gering ist.
Allerdings darf man nicht vergessen, dass Japan seinen riesigen Schuldenberg in einer Zeit der Deflation angehäuft hat. Die Bank of Japan konnte den größten Teil dieser Schulden auffangen, ohne die Inflation anzuheizen. Da die US-Wirtschaft nahezu voll ausgelastet ist, befindet sich die Federal Reserve in einer völlig anderen Lage.
Sollten unfinanzierte Steuersenkungen die Inflation wieder anheizen, könnten „Bond Vigilantes“ (Anleihewächter) die Renditen deutlich ansteigen lassen – und das trotz des Status des US-Staatsanleihenmarktes als die weltweit größte risikoarme Anlage.
Zumindest kann man davon ausgehen, dass die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen nicht annähernd wieder das Niveau erreichen, das sie in den zehn Jahren vor dem Inflationsschub im Jahr 2022 hatten. Und die Volatilität an den Rentenmärkten, die in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen ist (siehe Abbildung 3), wird wohl auf einem hohen Niveau bleiben.
Abbildung 3: Rising US bond market volatility (per cent)
Past performance is not a reliable indicator of future performance.
Note: Chart shows Merrill Lynch Option Volatility Estimate (MOVE), which measures implied volatility on options on a range of US Treasury bonds with different maturities.
Source: Aviva Investors, Bloomberg. Data as of November 18, 2024.
Unter diesen zunehmend unsicheren Bedingungen dürften Anleihen keine so solide Absicherung gegen Aktienmarktrisiken mehr bieten, wie sie es über die zwei Jahrzehnte oder noch länger vor dem Jahr 2022 vermochten. Schlimmer noch, aus Anlegersicht besteht die Gefahr, dass ein weiterer deutlicher Anstieg der Anleiherenditen die Aktienmarktrally zunichtemachen könnte.
Der ständige Bedarf an Diversifikation
Seit 2022 wendet sich eine wachsende Zahl von Anlegern, sowohl institutionelle als auch Privatanleger, alternativen Anlagen zu, um höhere Renditen, eine geringere Volatilität und eine bessere Diversifikation zu erzielen. Die unsicheren Aussichten für die wichtigsten Staatsanleihemärkte deuten darauf hin, dass sich dieser Trend fortsetzen oder sogar noch verstärken könnte.
Global-Macro-Fonds bieten Zugang zu Renditequellen, die nicht mit traditionellen Risikoprämien korrelieren
Das Schöne an Global-Macro-Fonds wie unserer Aviva Investors Multi-Strategy Target Return (AIMS TR)-Strategie ist, dass sie Zugang zu Renditequellen bieten, die in keiner Weise mit traditionellen Risikoprämien korrelieren. Macro-Fonds sind im Gegensatz zu traditionellen Fonds, die an eine Benchmark gebunden sind, in der Regel nicht bestimmten Kriterien verpflichtet.
Ihre Fähigkeit, Long- und Short-Positionen einzugehen und auf Anlagen zuzugreifen, welche die Inflation und andere Anlagefaktoren genauer abbilden, erklärt auch, warum die Renditen in der Regel eine relativ geringe Korrelation zu den Anleihe- und Aktienmärkten aufweisen.
So lag beispielsweise die Korrelation der wöchentlichen Renditen der AIMS TR-Strategie mit globalen Aktien und globalen Anleihen seit der Auflegung bei etwa 0,6 bzw. 0,1.7
In der Regel entwickeln sich Global-Macro-Fonds in einem Umfeld höherer Inflation besser. Dieser Umstand lässt sich wahrscheinlich zumindest teilweise dadurch erklären, dass solche Zeiträume in der Regel mit einer höheren Volatilität einhergehen. Eine größere Streuung der Anlagerenditen bietet einen besseren Nährboden für Manager.
Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, in guten wie in schlechten Zeiten Überrenditen zu erzielen, strebt der AIMS TR eine gut diversifizierte und risikooptimierte Mischung von Strategien an, die neben den traditionellen Long-Positionen an den Aktien- und Kreditmärkten weitere Renditequellen erschließen. Die AIMS TR-Strategie ist ein aktiv verwalteter Fonds, der neben quantitativen Erkenntnissen und systematischen Strategien auch traditionelle makroökonomisch orientierte Anlageideen einsetzt.
Die Einbeziehung von Diversifikation und Widerstandsfähigkeit ist ein zentraler Aspekt unseres Anlageverfahrens
Die Einbeziehung von Diversifikation und Widerstandsfähigkeit ist ein zentraler Aspekt unseres Anlageverfahrens. Der Fonds setzt sich aus 20 bis 30 diversifizierten Strategien zusammen. Er kann Long- und Short-Positionen in verschiedenen Risikoklassen eingehen.
Auf der ganzen Welt machen sich immer mehr Regierungen zunehmend weniger Gedanken um die steigende Staatsverschuldung. Selbst wenn die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen kein unmittelbares Problem darstellt, besteht die Gefahr, dass dadurch die Inflation wieder angefacht wird. Der Rentenmarkt scheint vorerst volatil zu bleiben, weshalb die Anleger nach anderen Möglichkeiten der Portfoliodiversifikation suchen.